Tag 35 - 38: Glacier Nationalpark & Fahrt durch Montana
Bevor wir nach etwa zwei Wochen in Kanada wieder in die USA zurückkehren, schauen wir uns in Fort Steele noch ein wenig an, wie man im “Wilden Westen” gelebt hat. Bei Fort Steele handelt es sich um ein großes Freiluftmuseum, dass das historische Städtchen mit angeschlossenem Armeefort wieder zum Leben erweckt. Und das ist hier durchaus wörtlich zu nehmen, denn Freiwillige arbeiten verkleidet als Handwerker oder Verkäufer in den alten Geschäften. Andere ernten Gemüse, wieder andere pflügen das Feld oder kümmern sich um die Pferde. Das Areal is recht weitläufig und umfasst viele Gebäude: darunter auch ein Kino, drei Kirchen, eine Schule, ein Verwaltungsbau mit angeschlossenem Gefängnis, mehrere Hotels und so weiter. Einige davon stehen an ihrem ursprünglichen Bauplatz, andere hat man umgezogen, da der moderne Highway die historische Stadt durchschneidet. All das macht es einfach, sich in eine Zeit vor 100 - 150 Jahren zurückzuversetzen.
Der Grenzübertritt Richtung USA verläuft äußerst unkompliziert, genau genommen hatten wir noch nie so eine schnelle und entspannte Einreise. Ob das dem entspannten Grenzbeamten lag oder es an dieser nur schwach frequentierten, dörflichen Landgrenze generell etwas gemütlicher zugeht, werden wir wohl nie erfahren.
Nachdem wir vor knapp einem Monat bereits mit dem Zug durch Montana gefahren sind, sind wir diesmal mit dem Auto unterwegs.
Nach knapp zwei Stunden Fahrt (und leider sehr vielen weißen Kreuzen am Straßenrand, da man hier - wohl als Mahnung - Verkehrstote mit eben solchen markiert) erreichen wir West Glacier. Wie der Name schon sagt, liegt dieses westlich des Glacier Nationalparks - anders als East Glacier 😉.
Der Glacier Nationalpark liegt in den Rocky Mountains und beherbergt, ebenso wie sein kanadischer Namensvetter, bergige Landschaften und einige Gletscher. Allerdings gibt es in der US-Version deutlich mehr Wanderwege und ganz generell mehr touristische Infrastruktur wie Aussichtspunkte, Besucherzentren mit Ausstellungen und Informationen, Rast- und Campingplätzen etc. Das Gebiet an sich wurde damals durch den Eisenbahnbau erschlossen - noch heute fahren die Züge durch ein Tal, welches die südliche Grenze des Parks darstellt.
Hier kamen wir also vor ein paar Wochen während unserer Zugfahrt von Chicago nach Portland schon einmal vorbei.
In Apgar, kurz hinter West Glacier, beginnt der westliche Teil der Going-to-the-Sun Road, einer Panoramastraße, die einmal quer durch den Nationalpark führt und die beiden Seiten des Gebirgskammes miteinander verbindet. Bevor wir nun in den Park fahren, machen wir noch einen Halt im Besucherzentrum und informieren uns über Wanderwege und aktuelle Meldungen.
Nachdem wir nun wissen, was wir heute noch anschauen möchten fahren wir die Panoramastraße entlang des Lake McDonald und des McDonald Creek Richtung Osten bis zu unserem Campingplatz, dem Avalanche Campground.
Es ist bereits früher Abend, wir haben uns jedoch entschieden, heute noch den Avalanche Creek Trail zum gleichnamigen See zu erwandern. Die Strecke führt durch ein schönes Tal entlang des Avalanche Creek und belohnt am Ende mit einem tollen Panoramablick auf den Avalanche Lake mit Bergen im Hintergrund. Und obwohl das Wasser wirklich frisch ist, lassen wir uns von einem kurzen, dafür aber umso erfrischenderen, Bad nicht abhalten.
Zurück am Campingplatz machen wir uns auf eine kurze Nacht gefasst, denn im Visitor Center haben wir erfahren, dass man, um einen Parkplatz zu bekommen, zwischen 06:00 und 06:30 beim Logan Pass sein sollte. Aus diesem Grund klingelt unser Wecker gegen 5 Uhr und wir fahren, nachdem wir das Zelt abgebaut haben, in einer langen Kolonne im Dunkeln die Passstraße hoch.
Oben angekommen, sind wirklich schon einige andere da, voll ist der Parkplatz allerdings erst gegen 7 Uhr. Trotzdem gut, dass wir so früh angekommen sind, denn so sehen wir sogar noch einen Grizzlybären, der sich in die Nähe der Parkplätze wagt. Leider kann man die Gelegenheit nicht nutzen, um den Sonnenaufgang auf Passhöhe zu beobachten - denn durch den herangewehten Rauch eines entfernen Waldbrandes ist die Sicht leider sehr eingeschränkt und die Sonne nur eine mäßig leuchtende Scheibe. Auch mit einsetzendem Tageslicht erfordert es ein wenig Vorstellungskraft, sich das Panorama auszumalen, dass man nun haben könnte. Wir wandern dennoch zum Hidden Lake Overlook, lassen allerdings den Abstieg zum See aus. Immerhin haben wir Glück und sehen ein paar Murmeltiere und auch Columbian Ground Squirrels (zu Deutsch “Erdhörnchen”).
Wieder zurück am Auto entscheiden wir uns weiter Richtung Osten zu fahren, in der Hoffnung, dass die Sicht auf der anderen Bergseite beim St. Mary Lake besser ist.
Und auch deshalb, weil wir einen Campingplatz auf einer der hawaiianischen Inseln buchen müssen, und hier oben kein Netz vorhanden ist. Exkurs: Es ist hier üblich, dass die Buchung von Übernachtungen auf staatlichen Campingplätzen nur eine gewisse Anzahl an Tagen im Voraus möglich ist, um auch spontanere Urlaube und Ausflüge zu erlauben. Gleiches gilt für “Wanderpermits” etc. Das dies sinnvoll ist, zeigt die Tatsache, dass die Plätze oft binnen Minuten oder gar Sekunden ausgebucht sind. Bei einer so langen Reise wie unserer bedeutet dies aber auch, dass wir immer mal wieder “nachbuchen” müssen - und dann auf Internet zu der jeweiligen Uhrzeit angewiesen sind.
Weiter unten am St. Mary Lake ist die Sicht etwas besser und nach erfolgreicher Buchung machen wir uns auf, mehrere Wasserfälle zu erwandern. Der erste Wasserfall sind die Baring Falls. Schön, wenn auch nicht wahnsinnig beeindruckend. Wir erfreuen uns jedoch an den Hörnchen und Vögeln, die zum Bachlauf kommen.
Anschließend geht es zurück zum Parkplatz und mit dem Auto ein paar Kilometer weiter, um dann vom nächsten Parkplatz zu den St. Mary Falls wandern. Der Wanderweg führt entlang des Sees durch eine schon etwas herbstliche Landschaft. Der gleiche Weg führt nach einer guten halben Stunde zu den mit Abstand am beeindruckendsten, aber eben auch am weitesten vom Parkplatz entfernten, Virginia Falls.
Gegen Abend fahren wir die Going-to-the-Sun Road wieder zurück Richtung Westen über den Kamm, um für heute Nacht unser Zelt auf dem Apgar Campground aufzuschlagen. Auf dem Weg machen wir noch einige Stopps und genießen die tolle Landschaft, durch die wir heute Morgen noch im Dunkeln gefahren sind. Die Sicht ist zwar immer noch nicht gut, aber immerhin etwas besser - und für “naheliegende” Motive wie Wasserfälle oder Flüsse fällt die reduzierte Fernsicht ohnehin wenig ins Gewicht.
Der nächste Morgen beginnt erstmal nass - im Gegensatz zu sonst freuen wir uns jedoch darüber! Denn wir setzen darauf, dass der Regen die Luft reinigt und die Sicht klärt. Und wir sollen Recht behalten, denn die Sicht ist um Welten besser als tags zuvor. Endlich können wir das Panorama der Going-to-the-Sun Road wirklich sehen und genießen.
Oben auf dem Logan Pass bekommen wir sogar nach nur kurzem Suchen auch am späten Vormittag noch einen Parkplatz und so können wir das erste Stück des Highline Trails entlangwandern. Hier hatten wir nämlich vom Auto aus Dickhornschafe gesehen und wir haben Glück: Sie sind tatsächlich noch da, als wir endlich ankommen und es lassen sich einige schöne Fotos schießen. Kaum, dass wir das im Kasten haben machen sie sich allerdings auf und nutzen ebenfalls den sehr schmalen, in den schroffen Felsen gehauenen Wanderweg - was sicher zu Schreckmomenten bei den sich auf dem Weg befindlichen Wanderern geführt haben dürfte. Einen Schrecken bekommen auch wir, als eines der Schafe einen größeren Felsbrocken in Bewegung versetzt, sodass dieser in Richtung der unterhalb verlaufenden Straße stürzt.
Weiter Richtung Osten machen wir auch noch an einigen Aussichtspunkten halt, bevor wir uns mittags vom Glacier National Park verabschieden und Richtung Süden zum Yellowstone National Park fahren.
Bis dorthin sind es allerdings noch einige hundert Kilometer - müssen wir Montana doch fast komplett von Norden nach Süden durchfahren. Durch schier unendliche Weiten mit großen Farm- und Ranchbetrieben im zentralen Montana, durch bergige Landschaften im Süden.
Zu Anfang ist es auch hier noch ein wenig “verraucht” - allerdings legt sich dies mit jeder Meile mehr und mehr. Für ein spätes Mittagessen kehren wir bei Buffalo Joe’s ein. Von außen wirkt der Saloon so tot wie das ganze Örtchen Dupuyer - allerdings täuscht dieser Eindruck sehr. Innen ist es genau so, wie man sich das von einem Lokal in Montana erwartet: Im Fernsehen läuft Rodeo, an der Bar sitzen Cowboys in Karohemden, mit Hosenträgern und Hut, ein ausrangierter Ölbohrkopf hängt von der Decke und dient, sich drehend, als Deko.
Mittlerweile kann man wieder richtig weit schauen - und wir können endlich nachvollziehen, warum Montana auch “Big Sky Country” genannt wird: Die Landschaften sind hier einfach ungeheuer weit; Felder und Hügel so weit das Auge reicht. Und, das muss man sagen, es ist in Montana deutlich sauberer als in anderen Bundesstaaten: an den Straßen und insbesondere der großen Interstate liegt deutlich weniger Müll.
Wir fahren vorbei an Montana’s Hauptstadt Helena bis nach Townsend, unserem Tagesziel für heute. Laut Karte soll es hier öffentliches, vom Bureau of Land Management verwaltetes, Land geben, auf dem man einfach campen darf. Dort angekommen suchen wir uns eine schöne Stelle aus und schlagen unser Zelt auf.
Am nächsten Vormittag geht es dann über Bozeman bis schließlich zum Nordeingang des Yellowstone National Parks. Dazu dann im nächsten Post mehr.