Tag 22 - 25: Vancouver Island
Unsere Reise nach Vancouver Island beginnt leider etwas verspätet vom Tsawwassen Ferry Terminal am südlichen Ende von Vancouver, denn uns war nicht bewusst, dass pro Auto nur eine Gaskartusche erlaubt ist, unabhängig von deren Größe und der Anzahl an Insassen. Wir hatten zwar vorher geschaut, dass Campinggas an sich in Ordnung geht - aber diese Feinheit entweder überlesen oder schlicht nicht mehr im Kopf gehabt… So müssen wir also eine der beiden Kartuschen loswerden. Glücklicherweise sind entlang der Bucht einige Camper und Angler unterwegs, sodass wir schnell einen Abnehmer finden. Durch diese “Extrarunde” reißen wir jedoch das Zeitfenster, indem wir für eine garantierte Überfahrt zur gewählten Uhrzeit hätten “einchecken” müssen. Die Fähre um 19:00 Uhr bekommen wir nun also nicht mehr - stattdessen müssen wir auf die 20:00 Uhr Fähre warten. Im Nachgang entpuppt sich das jedoch als wahrer Segen, denn während unserer Überfahrt geht die Sonne über den kleinen Insel zwischen Vancouver Island und Festland unter.
Zu Beginn der blauen Stunde, also kurz nach Sonnenuntergang, kommen wir auf Vancouver Island am Swartz Bay Terminal an.
Nach einer vergleichsweisen kühlen Nacht im Zelt in Strandnähe auf einem etwas zu kuscheligen Campingplatz - immerhin konnten wir dank der uns umgebenden Obstbäume unser Frühstück noch ein wenig aufwerten - machen wir uns am nächsten Morgen auf zu den Butchart Gardens, einem 22 Hektar großen Blumengarten. Er wurde 1904 von Jennie Butchart in einer erschöpften Kiesgrube ihres Mannes angelegt - erstmal mit dem Ziel, die Industrieanlagen im Hintergrund zu verbergen. Geld für Gärtner und Landschaftsarchitekten, sowie Maschinen und Personal waren dank der Kiesgrube gegeben und so wurde der Garten Schritt für Schritt zu dem, was er heute ist: einem von mehr als 1 Million jährlich besuchten (Touristen)attraktion, die zu den National Historic Sites of Canada zählt.
Der Garten ist wirklich toll, Unmengen an Blumen verteilen sich über mehrere Gärten, man weiß gar nicht so recht, wo man hinschauen soll - und was man fotografieren soll. Hier verbringen wir einige Stunden und genießen die vielen schönen Blumen und Pflanzen. Der Garten besitzt neben klassischen Blumengärten auch einen Rosengarten und einen japanischen Garten. Mit vielen Fotos von den unterschiedlichsten Blüten und Pflanzen verlassen wir gegen Mittag die Butchart Gardens und machen uns auf den Weg nach Victoria.
Victoria ist, wenn auch deutlich kleiner als Vancouver, die Provinzhauptstadt von British Columbia. Dies hat historische Gründe, denn hier begannen die Briten bereits 1843 mit dem Aufbau einer Siedlung und 1849 wurde die Insel zu einer britischen Kronkolonie. Auf dem Festland entstand mit “British Columbia” 1858 eine weitere britische Kolonie - welche jedoch 1866 zu den “United Colonies of Vancouver Island and British Columbia” zusammengelegt wurden. Bessere Erreichbarkeit und eine längere Historie führten schließlich dazu, dass Victoria die Hauptstadt der vereinigten Kolonie wurde. Mit dem Anschluss von dann “British Columbia” an Kanada 1871 fiel zwar “Vancouver Island” aus dem Namen der Provinz, Victoria ist bis heute Provinzhauptstadt geblieben.
Hier stärken wir uns an der Fisherman’s Wharf mit leckerem “Cod” (Kabeljau) und “Sockeye Salmon” (Rotlachs).
Nach einer kurzen Fahrt am Strand entlang - von hier haben wir einen tollen Blick über die Straße von Juan de Fuca hinüber nach Washington - steuern wir die Innenstadt an.
Dort geht es in das Royal BC Museum, in dem es neben unzähligen Dioramen zu Flora und Fauna der Provinz sogar eine Nachbildung einer alten Goldgräberstadt inklusive Chinatown gibt.
Zusätzlich lernen wir einiges über die Ureinwohner Kanadas, die hier First Nations oder auch Aboriginal People genannt werden. Auch auf das Unrecht, welches japanischen Einwanderern bzw. auch Nachfahren von vor Generationen Eingewanderten, während des Zweiten Weltkriegs zugefügt wurde, wird eingegangen. Denn diesen hatte man per se unterstellt, dem Kriegsgegner Japan gegenüber loyal zu sein - und sie daher kurzerhand interniert und unter anderem für Infrastrukturprojekte herangezogen. Die magere Bezahlung, die sie hierfür erhielten, wurde ihnen dann großteils wieder für die “Unterbringung” ihrer Familie im Lager abgeknöpft. Löblich also, dass wenn man dieses Unrecht schon nicht mehr wiedergutmachen kann, die Geschichte aufgearbeitet und die Verantwortung übernommen wird. Auch wird die Tatsache angesprochen, dass die kanadische Regierung bis in die 1980er circa 20.000 (!) Kinder aus indigenen Familien riss und von nicht-indigenen Familien aufziehen ließ - mit dem Ziel der Assimilation. Generell wird die kanadische Geschichte hier wenig beschönigt und man merkt, dass den Kuratoren sehr an einer Aufarbeitung und Versöhnung mit den First Nations gelegen ist.
Wir beenden unsere Tour durch Victoria vorbei am Capitol und mit einem Spaziergang durch die Innenstadt.
Aufgrund der hohen Temperaturen stoppen wir auf dem Weg zum Campingplatz noch kurz beim Thetis Lake, um ein Bad zu nehmen.
Anschließend folgt noch unser erster “Waschtag” - eigentlich eher eine “Waschstunde”, in der wir im Waschsalon einmal schnell unsere Schmutzwäsche waschen und trocknen.
Die Nacht verbringen wir auf dem Goldstream Provincial Park Campground - welcher richtig schön ist. Die Parzellen sind schön groß, mit Abstand zu den Nachbarn - und unsere kommt sogar mit einem noch gut behangenen Brombeerstrauch.
Am nächsten Morgen fahren wir, nach einem Spaziergang zu den angrenzenden Goldstream Falls, zum Horne Lake Provincial Park. Hier haben wir die Multi Cave Tour gebucht, welche uns in zwei verschiedene Höhlen führen wird. Die Fahrt gestaltet sich jedoch etwas abenteuerlich, denn eigentlich hatten wir geplant am Cowichan Lake entlang und dann durchs Hinterland an die Nordküste zu fahren. Allerdings gibt es die von Google Maps vorgeschlagene Straße nicht bzw. scheint diese eher ein Waldweg zu sein. Wir müssen abwägen, ob wir dem Weg folgen wollen, in der Hoffnung, dass er besser werde - dann aber mit Zurückfahren nicht mehr rechtzeitig ankommen würden. Also entscheiden wir uns dafür, die knappe Stunde bis zur Küste wieder zurückzufahren und die längere, dafür aber gesichert existierende, Route zu nehmen. Der Abstecher an den Cowichan Lake hat sich dennoch gelohnt, denn hier sehen wir eine recht besondere Baumart - wie uns freundliche Anwohner erzählen: Der Arbutus menziesii (Amerikanischer Erdbeerbaum) wirft alljährlich seine Rinde ab und legt sich eine neue zu.
Die Geländeform in der Region rund um den Horne Lake wird als Karst bezeichnet und beherbergt einige kleinere und größere Höhlen, welche im Rahmen von Touren besichtigt werden können. Für unsere Tour werden wir mit Höhlenanzügen, Helmen, Stirnlampen, Gummistiefeln und Handschuhen ausgestattet. Anschließend geht es einige Minuten bergauf zur ersten Höhle, der Riverbend Cave. Von der Höhle ist leider nur ein kleiner Teil begehbar (zumindest auf dieser Tour - es gibt noch ein ganztägiges Höhlenabenteuer, bei dem man deutlich tiefer vordringt), jedoch sieht man auch im begehbaren Teil ein paar Stalaktiten und Stalagmiten. Diese sind weitaus nicht so beeindruckend wie in anderen Höhlen, jedoch ist der größte Spaß an dieser Tour sowieso das “Caving” an sich - denn die Höhlen sind größtenteils in ihrer natürlichen Form verblieben. Es gibt also keine Beleuchtung, keine Wege und Treppen.
In der zweiten Höhle, Main Cave, hat man - um die Calciumformationen zu schützen - mehrere Leitern und sogar eine Rutsche installiert, mit der man sich quer durch die Höhle bewegen kann. Das (optionale) Ende der Tour wird von unserem Führer als “Cheese Grinder” (Käsereibe) bezeichnet, weil der enge Gang die Form einer Reibe bzw. eines umgedrehten Vs hat und die Wände gleichzeitig durch ziemlich schroff und kratzig sind. Alles in allem ein spaßiges Unterfangen - und auch sehr informativ, denn unser Guide erzählt viel Spannendes über die Entstehung und Geschichte der Höhlen.
Nach der Tour fahren wir zum nahegelegenen Campingplatz und genießen unseren Stellplatz mit “privatem” Seezugang direkt von unserem Stellplatz.
Für den nächsten Tag haben wir erneut eine Tour gebucht: Diesmal geht es mit dem Kajak in die Bucht von Tofino. Zuvor müssen wir allerdings noch eine knapp zweistündige Autofahrt in den Süden der Insel hinter uns bringen. Auf der Strecke gibt es jedoch einige tolle Ausblick, bspw. die Kennedy River Fall am Wally Creek. Leider sind wir etwas in Eile - die Stops sind dennoch eine gute Idee, denn bei der Rückfahrt am nächsten Tag ist, so wird sich zeigen, das Wetter bei Weitem nicht mehr so gut.
In der Nähe der Küste wechselt das Wetter von strahlen blauem Himmel auf Nebel und wir sind froh, als es dann pünktlich für unsere Tour aufklart. Unsere Kajaktour führt uns über mehrere Stunden durch die Bucht von Tofino, unterbrochen nur von einem kleinen Spaziergang auf Meares Island. Unser Führer erzählt uns auch einiges über die Tiere und Pflanzen in dieser Region, so sehen wir einige Tiere wie Robben, Seeotter und auch zwei Weißkopfseeadler. Auf Meares Island zeigt er uns auch, woran wir die Bärenaktivität auf der Insel erkennen können (u.a. durch Kratzspuren an Bäumen und natürlich an Kot).
Zurück an Land geht es mit dem Auto die Küste Richtung Südosten. Hin zum Long Beach, welcher Teil vom Pacific Rim National Park ist. Dieser Strand ist besonders bei Surfern sehr beliebt, da hier ein konstanter Wellengang herrscht.
Der Rainforest Walk führt als Plankenweg durch den gemäßigten Primärregenwald (“tempered old-groth rainforest”) der Pazifikküste und ist wirklich toll gemacht. Durch einige Stufen läuft man nicht die ganze Zeit auf einem Niveau und kann so von verschiedenen Höhen in und auf die Flora blicken.
In Ucluelet wollen wir uns eigentlich noch das Kap rund um den Leuchtturm ansehen, jedoch ist es hier so neblig, dass kaum etwas zu sehen ist.
Zum Glück hat unser Campingplatz eine, wenn auch einfache, Sauna. Wirklich super, denn mittlerweile ist es ziemlich feucht, kalt und einfach ungemütlich. Am nächsten Morgen geht es früh zurück auf der WA-4 Richtung Nanaimo, von wo aus wir mit der Fähre zurück ans Festland fahren.
Die Überfahrt zum Festland, diesmal nach Horseshoe Bay am nördlichen Ende von Vancouver, verläuft ohne Probleme und am späten Nachmittag sind wir dort. Für allgemeine Freude an Bord sorgt die Sichtung einer Walflosse backbords sowie zwei Passagiere, die mit Geige, Gitarre und Saloon-Musik für ein wenig Stimmung an Deck sorgen.