Tag 8 & 9: Portland und Columbia River Gorge

Nach einer ca. 45-stündigen Zugreise ab Chicago mit dem Empire Builder (siehe unseren vorherigen Post) kommen wir in Portland an und wollen im Grunde nur noch ins Hotel: Gepäck abladen und schön duschen. Also marschieren wir zur Straßenbahn - fast schon eine Rarität in den USA. Leider ist es hier ähnlich wie in Chicago: Nah- und Fernverkehr sind nur schlecht miteinander verbunden. So ist die Haltestelle für Straßenbahn einen Block entfernt und es gibt auch keinen (passenden) Bus vom Bahnhof aus. Das ist in etwa so, als ob man vom Münchner Hauptbahnhof bis zum Stachus laufen müsste, bevor man in die U-Bahn oder die Tram steigen kann. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass Fern- und Regionalzüge hier einen viel niedrigeren Stellenwert haben: Die wenigsten Städte werden überhaupt angefahren, und falls doch, dann nicht selten nur 1-mal täglich - wenn überhaupt.

Beim Hotel angekommen können wir zwar unser Gepäck abladen, sind für den Check-In allerdings noch zu früh dran. Also müssen wir fürs Erste wohl oder übel in unseren verschwitzen Klamotten verbleiben und fahren bei deutlich über 30 ºC wieder auf die andere Seite des Willamette Rivers nach Old Town Portland. Zu Fuß geht es weiter zum Pine Street Market, einer hippen Food Hall mit verschiedenen - vorwiegend fernöstlichen - Angeboten. Exkurs: von hier aus betrachtet sollte man doch eigentlich eher von “mittelwestlich” statt “fernöstlich” sprechen 🤔.

Gestärkt mit “Curry Ramen” und “Sushi Burrito” schlendern wir ein wenig durch die Innenstadt von Portland: zum etwas enttäuschenden McCall Waterfront Park (von dem man allerdings einen schönen Blick auf den Willamette River und die vielen, ihn überspannenden, Brücken hat) und weiter zum Pioneer Courthouse. Portland hat wohl ein notorisches Problem mit Obdachlosen in der Innenstadt - und diese sind wirklich recht präsent: im Park auf der Wiese liegend oder auf dem Bürgersteig zeltend. Es stimmt ein wenig nachdenklich, dass es in einem so wohlhabenden und so weit entwickelten Land solche Not gibt. Allerdings scheint sich die Stadt auch zu bemühen, diesen Menschen unter die Arme zu greifen.

Von dort nehmen wir den Bus zum Japanischen Garten von Portland. Dieser soll besonders authentisch sein - angeblich der authentischste und schönste japanische Garten außerhalb Japans. Dort zitierte Aussagen von früherem japanischen Botschafter und einem ehemaligen Premierminister sind voll des Lobes. Und tatsächlich ist der Park sehr schön und auch recht anders als die meisten japanischen Gärten, die wir vorher gesehen haben: Es wird viel mit den unterschiedlichsten Grüntönen gespielt und Moos gezielt als Gestaltungselement eingesetzt und es werden verschiedene Aspekte der japanischen Kultur - bspw. Steingärten und Zen-Meditation - integriert.

Im Anschluss spazieren wir noch durch den benachbarten, kostenlosen, International Rose Test Garden: ein Park, in dem mehrere Hundert Arten von Rosen zu Test- und Bewertungszwecken gepflanzt und anschließend begutachtet werden. Hier gibt es die unterschiedlichsten Rosen. Von kleinen Blüten zu besonders großen; von schlichtem weiß zu mehrfarbigen Exemplaren.

Gegen Abend gibt es im benachbarten Amphitheater dann auch noch ein kostenloses Open-Air-Konzert - aber der Hunger und die Erschöpfung nach den zwei kurzen Nächten im Zug treiben und dann doch recht schnell wieder Richtung Hotel zurück.

Auch wenn man auf den Sitzen im Empire Builder recht gut schlafen konnte - ein gutes Bett können sie bei weitem nicht ersetzen. Ganz zu schweigen von Annehmlichkeiten wie einem eigenen WC und einer Dusche. Insbesondere, wenn das Hotel eine charmante Mischung aus Historischem und Modernen darstellt. Einzig bei den Fenstern hätte man sich gewünscht, dass man ein wenig schallundurchlässigere Modelle eingebaut hätte.

Leckeres, amerikanisches Abendessen im urigen My Father’s Place - direkt neben dem Hotel.

Nach dem Frühstück spazieren wir über die Burnside Brücke in die Innenstadt und durch das Pearl District - einem für Reisende besonders sehenswerten Viertel. Dort gibt es viele Bars, Cafes, Galerien und Straßenkunst, aber leider auch viele Obdachlose, die im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße bzw. dem Bürgersteig zu leben scheinen.

Wir besuchen Powell’s City of Books, den womöglich größten Buchladen der Welt. Auf vielen Stockwerken gibt es alle möglichen Bücher: von klassischen Werken der Literatur bis hin zu Büchern mit Strickmustern für Kleidung aus der Fernsehserie “Outlander”, gebraucht und neu. Auch gibt es einen gesonderten Raum mit wirklich alten und seltenen Büchern. Und natürlich eine Menge an Souvenirs und Kleinkrams.

Im Anschluss holen wir unseren Mietwagen für die nächsten 49 Tage ab. Wir bekommen einen weißen Mazda CX-90 - ziemlich enttäuschend: wenig Bodenfreiheit für rauere Straßen, wenig Ausstattung, nicht besonders ansprechend und von zweifelhaftem Ruf. Wir sind im Grunde wirklich froh darüber, dass wir nach dem Abholen des Gepäcks beim Hotel in der nicht-funktionierenden Android Auto-Anbindung einen Grund finden, nochmal beim Verleiher vorbeizufahren und nach einem anderen Auto zu fragen.

An der Innenstadt-Station haben sie leider nichts Vergleichbares - aber den Umweg zu Flughafen nehmen wir gerne in Kauf. Schließlich wird uns dieses Auto fast 50 Tage begleiten und wir werden viel Zeit darin verbringen. Den ungeplanten Abstecher zum Flughafen versüßen wir uns mit einem Stop bei Voodoo Doughnuts, einer lokalen, ikonischen Donut-Kette mit pinken Boxen, pinken Geschäften und einer enormen und teils doch sehr ausgefallenen Auswahl an Teigringen.

Nun mit einem für uns deutlich passenderen Subaru Ascent unterwegs, holen wir unsere vorab getätigte Bestellung bei der Outdoor-Kette REI ab: Campinggas kann man schließlich nicht im Flieger transportieren.

Dann noch ein paar Umzugskartons bei Home Depot kaufen, fertig ist die Inneneinrichtung des SUVs.

Nach all den Besorgungen geht es nun zum ersten “echten” Ziel für heute: den Wasserfällen am südwestlichen Ende der Columbia River Gorge. Den ersten Halt machen wir bei den Horsetail Falls. Da es auch weiterhin deutlich über 30 ºC hat, nehmen wir hier ein erfrischendes Bad und testen aus, ob so eun Wasserfall als Brause taugt - jedoch nur kurz, da die Vorstellung, dass da nicht nur Wasser, sondern auch mitgeschwämmtes Geröll herunterkommen könnte, behagt nicht.

Weitere Stops machen wir bei den Multnomah Falls, den Wahkeena Falls und den Bridalveil Falls. Erstere sind besonders beeindruckend, da dieser zweistufige Wasserfall erst aus großer Höhe in ein Becken stürzt, um dann unter einen romantisch wirkenden, vom Portländer Finanzier Simon Benson gestifteten und der Öffentlichkeit übertragenen, Brücke hindurch eine zweite Stufe zu nehmen. Und die Öffentlichkeit nimmt das gerne an: Heute wird dieser Wasserfall von mehr als zwei Millionen Besuchern im Jahr heimgesucht. Insgesamt begegnen uns bei diesen Stops gleich zwei Schlangen - das reicht dann auch erstmal.

Vom Vista House, einem Wahrzeichen Oregons, aus genießen wir den Sonnenuntergang über dem Columbia River.

Nach Burritos zum Abendessen erledigen wir noch zu später Stunde einen ersten Einkauf bei Safeway (zum Glück funktioniert unsere Kundenkarte aus den Vorjahren weiterhin und wir können sparen wie die Einheimischen). So versorgt machen wir uns auf die Suche nach unserer ersten “wilden” Übernachtungsmöglichkeit - und entscheiden uns für einen großen, schönen Parkplatz am Lewis River mit nahem, kleinem Wasserfall.