Tag 4 – 6: Chicago
Unsere Zeit in den USA beginnt im Grunde schon in Montreal - denn dort reisen wir dank “Pre-Clearance” bereits in die USA ein. Nachdem wir im vorhinein einige beunruhigende Geschichten über Abweisungen, Nächte in Abschiebehaft und unfreiwillige Rückführungen gelesen haben, waren wir ein wenig nervös - hatten dann allerdings überhaupt keine Probleme und wurden auch nur grob nach unserer Reiseroute befragt. Vorteile von diesem Vorgehen: kein Anstehen in den USA, Flug wird bei Ankunft wie ein Inlandsflug behandelt.
Zum Flug selbst gibt es kaum etwas zu sagen: kleiner Regionaljet, Flug über die Great Lakes, kaum gestartet ging es auch schon wieder in den Landeanflug. Gefühlt sind wir länger über das Rollfeld von Chicago O’Hare gefahren als geflogen.
Diesmal waren die Koffer übrigens tatsächlich vor uns an der Ausgabe. Mit den ikonischen Zügen der A-Line waren wir dann auch recht schnell in Downtown.
Nachdem wir auch hier wieder unser Hab-und-Gut zum Hotel - dem historischen Congress Plaza Hotel - geschleppt haben, geht es direkt Richtung 360 Chicago Observation Deck, der Aussichtsetage im 875 North Michigan Avenue (früher bekannt als John Hancock Center).
Vorher bestellen wir uns jedoch bei Giordanos - es scheint, als seien 90% aller Restaurants Teil von mehr oder weniger großen Ketten - eine “Deep Dish Pizza”.
Diese für Chicago typische “Pizza” hat mit einer italienischen Pizza außer der Tomatensoße und der Tatsache, dass sie im Ofen gebacken wird, eigentlich nichts gemein: Der Käse ist unter der Tomatensoße, als Teig wird ein Mürbeteig verwendet und die Pizza wird in eine Pfanne gebacken.
Im Grunde handelt es sich um eine Quiche, nur das die Füllung nicht dem französischen Original entspricht.
Das erste Stück ist durchaus lecker - ab dem zweiten wird es eher anstrengend und das dritte hätte es in jeder Hinsicht nicht mehr gebraucht.
Aus dem 94ten Stock auf 314 Meter Höhe hat man vom 360 Chicago Observation Deck einen grandiosen Blick auf die Skyline von Chicago - insbesondere deshalb, da das Gebäude selbst am nördlichen Rand der Innenstadt liegt.
Die zweite bei Touristen beliebte Aussichtsplattform befindet sich im Willis Tower: dem höchsten Gebäude von Chicago (bis 2009 Sears Tower), dem dritthöchsten Hochhaus der USA (das höchste außerhalb New Yorks) und immerhin noch dem 25zig höchsten Gebäude der Welt (nachdem es zum Zeitpunkt seiner Errichtung noch das höchste war). Zumindest Stand August 2025 - aber hier wird die Zukunft sicher noch Änderungen bringen. Zwar ist dessen Aussichtsetage höher gelegen - allerdings sieht man das Gebäude dann nicht selbst 😉.
Nach weniger als einer Minute Fahrtzeit mit dem Fahrstuhl sind wir über 300m höher - zu Fuß bräuchte man, lt. Personal, ca. 4 Stunden. Wir sind gegen 19 Uhr oben. Genau die richtige Uhrzeit, denn so sehen wir Chicago noch bei Tageslicht - müssen aber dennoch nicht allzu lange auf die Goldene Stunde und den Sonnenuntergang warten.
An Tag 2 starten wir unseren Stadtrundgang mit dem Millennium Park und Cloud Gate, auch bekannt als The Bean. Dann weiter Richtung Norden, bis wir auf Höhe der DuSable Bridge den Chicago River erreichen.
Kurz überlegen wir, ob wir eine “Architectural Boat Tour” (angeblich die meistgebuchte Bootstour der USA) machen sollen - entscheiden uns aber für den entspannten Spaziergang entlang des Chicago Rivers. Dieser führt unter vielen Brücken entlang (welche hochgeklappt werden können!), an hippen Bars und Lokalen sowie dem “Floating Gardens” vorbei bis zur Lake Street Bridge.
Ab dort folgen wir der Straße bis zum Willis Tower und besteigen auf Höhe der Union Station ein Wassertaxi. Eigentlich wollen wir bis zum Navy Pier schippern - erfahren allerdings unterwegs, das heute das Ducky Derby stattfindet und wir genau zur richtigen Zeit auf dem Fluss sind.
Also steigen wir an der DuSable Bridge aus und schauen uns das alljährliche Spektakel an: zigtausend gelber Gummienten (82.659 dieses Jahr) werden aus einem Kipplaster in den Chicago River geworfen. Mit einer Spende für einen guten Zweck kann man sich im vorhinein eine Ente sichern - und wenn die eigene Ente es als ersten über die Ziellinie schafft, dann hat man gewonnen.
Wir laufen also zum Navy Pier, einem klassischen amerikanischen Pier mit Riesenrad, Fahrgeschäften, Shops und Restaurants - und ganz am Ende angekommen sind wir doch ziemlich geschafft von der Hitze. Zwar hat es “nur” 28 ºC, allerdings ist die Luftfeuchtigkeit ziemlich hoch und so richtig windig ist es in der “Windy City” - so der Spitzname von Chicago - heute auch nicht. Also entscheiden wir uns, im Lake Michigan baden zu gehen.
Nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel, um unsere Badesachen zu holen, spazieren wir zum Buckingham Fountain, folgen dem Lake Front Trail zum Shedd Aquarium und dem Adler Planetarium, bis wir schließlich am 12th Street Beach ankommen. Hier kann man ganz sicher unter der Aufsicht von vier Lifeguards baden - allerdings darf man nur (sehr) wenige Meter hinausschwimmen, bis einen einer der Bademeister aus seinem Ruderboot zurückpfeift. Trotz mehrfacher Versuche gelingt es mir nicht, mich in Wasser tiefer als 1,50m zu begeben. Punkt 19 Uhr allerdings ist Schichtende und die Badenden werden sich selbst überlassen.
Nach wirklich gutem indischen Essen beschließen wir den Tag.
Auch der dritte Tag in Chicago startet mit einem leckeren und reichlich belegten Bagel. Anschließend fahren wir mir Hochbahn auf dem “Loop”: Eine auf Stelzen über der Straße errichtete Ringbahn, die es bereits seit 1892 gibt. Insgesamt ist das Metro-System von Chicago eines der ältesten und größten der Welt. Wir fahren bis zum Chicago Board of Trade Building, welches durch seine Art Deco Fassade beeindruckt.
Wir unternehmen noch einen Abstecher zum Willis Tower und arbeiten uns nun anhand von “Murals” (künstlerisch wertvollen Graffiti) zurück zum Hotel - besorgen uns unterwegs aber noch ein paar Stücke Pizza als Vorrat für die anstehende, 2-tägige Zugfahrt.
Nachdem wir umgepackt und das Zimmer geräumt haben, fahren wir mit dem Bus zur Union Station und checken unser Gepäck ein. Blöderweise wird unsere dritte Tasche nicht akzeptiert, da “gewebte Textiltaschen” nicht mehr angenommen werden. Sie würden zu leicht kaputtgehen - Flughäfen, die ja nicht gerade für sanften Umgang mit Gepäck bekannt sind, haben dieses Problem bisher wohl noch nicht erkannt. Dementsprechend schleppen wir die Tasche eben mit in die Metro und zum Chicago Cultural Center, sowie zum Vorräte-für-die-Zugfahrt-Einkaufen.
Als Mittagessen holen wir noch schnell zwei Burritos bei einem Foodtruck, bevor es erneut mit dem Bus zum Bahnhof geht. Das mit dem Zugfahren funktioniert hier alles ein wenig anders als daheim - aber dazu mehr im nächsten Beitrag.