Tag 1 – 4: Montréal

Endlich geht die Reise los! So richtig glauben können wir es nach der langen Zeit der Planung und Vorfreude noch gar nicht richtig. Aber wir haben ja genug Zeit, um uns voll und ganz darauf einzustellen.

Wir fliegen entlang der Küste von Grönland - und sehen sogar Eisberge im Meer treiben.

Gegen Mittag kommen wir in Montréal an. Durch Zeitzonenversatz hat der ca. neunstündige Flug nur drei Stunden gedauert - dementsprechend lang ist der erste Tag.

Die Einreise ist unkompliziert und verläuft ohne Probleme (die einzige Frage galt dem Grund der Reise) und unser Gepäck ist fast schneller an der Gepäckausgabe als wir.

Mit unserem Gepäck wiedervereint geht es Richtung Ausgang, wo wir uns ein Nahverkehrsticket für die nächsten drei Tage besorgen, welches mit ca. 22 CAD (etwa 13 €) sehr preiswert ist - zumal der Transport vom Flughafen damit halbwegs bequem möglich ist.

Viel Gepäck - aber man darf auch nicht vergessen, dass viel Campen wollen und dementsprechend Ausrüstung brauchen.

An der windgeschützen und beheizten Bushaltestelle merkt man auch schon, dass Montréal mit seinem sehr kontinentalen Klima eine Stadt der extremen Temperaturen ist: im (kurzen) Sommer gerne mal über 30º, im schneereichen Winter auch mal für längere Zeit unter -20º.

Nachdem wir unser Gepäck umgepackt haben, geht es dann auch schon mit dem Bus in die Innenstadt, wo wir noch einmal umsteigen müssen bevor wie in unserem Airbnb endlich das ganze Zeug abladen können.

Im wahrsten Sinne des Wortes “erleichtert” machen wir uns nun auf die Suche nach etwas zu Essen und sehen auf dem Weg schon einiges an Street-Art in einem Straßenbild, dass an eine Mischung aus den USA und Frankreich erinnert. Leider hat der erwählte Bagelladen heute schon früher zugemacht - so müssen wir uns diesen authentischen Imbiss (Bagels haben eine Tradition in Montréal und unterscheiden sich in der Herstellung von den New Yorker Pendants) also für morgen aufheben.

Mit, nicht ganz so ortstypischen, Quesadillas gestärkt, spazieren wir nun weiter bis zum alten Hafen von Montréal: zwar gibt es hier auch einige Boote, der Bereich ist mittlerweile aber eher ein Ausflugsziel mit einem großen Angebot als ein Hafen. Von Bungee-Jumping über Foodtrucks und Riesenrad bis zu Zirkus und Ziplining wird hier viel geboten. Die Stadt, auf einer vom Sankt-Lorenz-Strom umschlossene Insel, hat dafür einen neuen Hafen - immerhin den größten Binnenhafen Nordamerikas.

Wirklich viel alte Substanz haben wir in “Vieux Montréal” (Alt-Montréal) allerdings nicht gefunden. Zwar gibt es durchaus alte Gebäude in der Innenstadt - etwas Vergleichbares zu einem historischen Stadtkern sehen wir jedoch nicht. Notre-Dame de Montréal steht allerdings auch erst für morgen an. Zwei Tage später werden wir dann auch noch die schönen historischen Ecken in der Innenstadt finden - aber dazu später mehr.

Nach europäischem Verständnis ist die Stadt allerdings auch nicht besonders alt: Wurde die Gegend 1535 das erste Mal von Europäern erforscht, so siedelte sich erst 1642 eine katholische Missionsstation an. Erst 1832, dann unter britischer Herrschaft, erhielt Montréal die Stadtrechte. Lange Zeit wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Kanadas hat die Stadt diesen Titel mittlerweile an das gar nicht so ferne Toronto abtreten müssen. Was allerdings bleibt: geht man allein nach Muttersprachlern, so ist Montréal die zweitgrößte französischsprachige Stadt der Welt nach Paris. Zwar ist Französisch bei nur knapp über 55 % der Bevölkerung die Hauptsprache (Englisch allerdings < 20 %), jedoch die einzige Amtssprache und im Alltag und Stadtbild absolut dominierend. Zumindest gefühlt liest man hier weniger Englisch als in großen, deutschen Städten.

Da die letzten Tage doch sehr anstrengend waren, geht es nun mit der Metro zurück zur Unterkunft. Dabei fällt auf, dass die U-Bahn nicht auf Stahlrädern, sondern auf Gummireifen unterwegs ist. Uns bisher unbekannt, scheint dieses System viele Vorteile gegenüber der “klassischen” Variante zu haben und findet insbesondere im französischsprachigen Raum viel Anwendung - bspw. in Paris.

Tag 2 startet mit hervorragenden Bagels, nachdem das Frühstück im Airbnb am Familienküchentisch mit einer Tasse Kaffee und einem labbrigen Croissant (das wäre in Frankreich nicht passiert! 😉) eher enttäuschend war.

Leider ist es heute auch etwas diesig - denn in der Ferne brennt ein Wald und der Wind trägt die Partikel in großer Höhe über die Stadt. Allerdings legt sich das im Laufe des Tages.

Mit der Metro geht es weiter zur Basilika Notre-Dame de Montréal, welche 1824 bis 1829 errichtet wurde.

Äußerlich gerade weniger ansehnlich, da gerade saniert wird.

Innen ist die Kirche jedoch sehr beeindruckend. Farbwahl und (dezente) Verwendung des Liliensymbols lassen durchaus einen Bezug zu Frankreich vermuten. Fun-Fact: bei der Orgel handelte es zum Zeitpunkt der Installation (ab 1885) um die erste elektrisch angetriebene weltweit.

Weiter geht es, wieder mit der Metro, zum Botanischen Garten. Insbesondere der Chinesische Garten gefällt uns sehr gut - aber auch der Japanische Garten, der Alpine Garten und die Beete mit den Nutzpflanzen gefallen uns sehr gut. Auch die Gewächshäuser sind gut und informativ gestaltet.

Nächster Stop ist das Biosphère, ein Überbleibsel der Weltausstellung von 1967, dass heute ein Umweltmuseum beherbergt. 1976 wurde die Außenhülle der mit 76 Durchmesser enormen Kugel durch ein Feuer zerstört und gerade wird das Gebäude restauriert - was leider auch hier in unschönen Verhüllungen und Gerüsten resultiert.

Den Besuch des Museums lassen wir aus und spazieren stattdessen auf die benachbarte Île Notre-Dame, wo sich, eingerahmt von der Formel 1-Strecke, die Jardins des Floralies befinden. Hier gibt es wieder Blumen und Gewächse, insbesondere aber drei Exponate zum 25-jährigen Jubiläum der Mosaïcultures internationales de Montréal - die allerdings, vergleicht man sie mit Bildern aus dem Internet - wortwörtlich ihre Blütezeit hinter sich haben. Zumindest für dieses Jahr.

Wir beenden den Tag bei Patati Patate mit einer weiteren “lokalen Spezialität”. Die Poutine sind mit Soße und Käse beladene Pommes Frites und schmecken besser als die Beschreibung es vermuten lässt.

Tag 3 startet mit einem Bagel-Frühstück im Bagel etc..

Anschließend fahren wir mit dem Bus ein Stück auf den Mont Royal hinauf. Genauer gesagt, bis zum ersten Aussichtspunkt. Ab dort spazieren wir dann: über das Mont Royal Cross und den großen Aussichtspunkt bis zum Beaver Lake.

Weiter geht es mit dem Bus Richtung Saint Joseph Oratorium. Hier sind von den Ausmaßen der Anlage doch etwas überwältigt: über insgesamt 8 Ebenen verteilen sich Museum, Krypta, Cafeteria & Shop und natürlich die Kathedrale selbst. Die Kirche ist die größte in ganz Kanada.

Der Bau wurde 1904 begonnen und 1967 abgeschlossen, macht außen jedoch einen deutlich älteren Eindruck. Obwohl innen modern und schlicht, ähnelt sie äußerlich doch eher deutlich älteren Exemplaren.

Ein paar Stockwerke darunter befindet sich die Krypta sowie weitere Schreine für die Anbetung verschiedener Heiliger und das Grab des Heiligen Andre. Noch nie haben wir Rolltreppen in einer Kirche gesehen. Generell ist es, immer verglichen mit Europa, eine etwas befremdliche Erfahrung: Familienfotos, Kopfbedeckungen und Telefonieren scheinen vollkommen okay zu sein an diesem Ort, den wir eigentlich mit Andacht und Ruhe verbinden. Dennoch: ein wirklich lohnender Besuch!

Wir nutzen erneut die Internationalität Montréals und nach libanesischem Mittagessen geht es mit der Metro zurück in die Innenstadt. Wir erkunden ein wenig die “Underground City”: ein Großteil der Gebäude im zentralen Geschäftsbezirk Bereich ist durch unterirdische (oder zumindest innerhalb von Gebäuden befindlichen) Gängen miteinander verbunden, teils auf mehreren Stockwerken. So sollen allein über 1600 Geschäfte und Dienstleistungen an das RÉSO angeschlossen sowie unzählige Bürogebäude und etliche U-Bahn-Stationen. Und neben dem großen, zentralen Netzwerk gibt es noch viele weitere, kleinere “Untergrundinseln”. Da die Winter in Montréal durchaus kalt werden können, scheint dies absolut sinnvoll. Wir laufen von der U-Bahn-Station Place-des-Arts bis zum Champ-de-Mars komplett geschützt - immerhin 1 km Luftlinie!

Als Nächstes besichtigen wir das direkt gegenüber des Rathauses gelegene Château Ramezay: 1705 als französische Gouverneursresidenz erbaut gehört es zu den ältesten erhaltenen Gebäuden Montréals und ist das Erste, welches unter Denkmalschutz gestellt wurde. Heute befindet sich darin ein gut gemachtes Museum, welches die bewegte Geschichte des Gebäudes, der Familie Ramezay als auch Montréals und letztlich Quebecs (“Neufrankreich”) erzählt.

Wir nehmen noch ein wenig die lebendige Stimmung und die künstlerischen Darbietungen am benachbarten Place Jacques-Cartier in uns auf und spazieren noch ein wenig durch das “alte” Montréal bis zur Basilika Notre-Dame. Diesen Part haben wir vorgestern wohl “verpasst” und sind froh, diesen schöneren Teil der Innenstadt mit Fußgängerzonen noch gesehen zu haben.

Wir machen einen letzten Abstecher mit der Metro nach Bonaventure und kommen zwischen lauter Hochhäusern wieder an die Oberfläche. Hier schauen wir uns noch die Kathedrale Marie-Reine-Du-Monde an und wandeln zwischen Türmen aus Glas und Stahl bevor es mit der Metro zurück zur Unterkunft geht.

Mit gutem japanischem Essen lassen wir den Tag und unseren Aufenthalt in Montréal - denn morgen geht es nach dem Frühstück bereits weiter nach Chicago.