Tag 17 - 18: Route 66 & Grand Canyon
Nach einer Nacht in einem klassischen amerikanischen Motel wird ersteinmal getankt. Dabei werden wir, wie auch schon am Vorabend, Zeuge einer aus Filmen wohlbekannten Szene: Der Raser sieht den am Rand stehenden Streifenwagen nicht, überfährt die rote Ampel und hat anschließend sowohl viel Zeit als auch Geld verloren.
Nun also, noch achtsamer als ohnehin schon, geht es für zu einem kurzen Stopp am Colorado-River, welcher das in Arizona gelegene Bullhead City vom sich in Nevada befindenden Laughlin trennt.
Die Casinos auf der anderen Flussseite geben sich viel Mühe Kundschaft anzulocken - so bieten sie hier sogar kostenlose Überfahrten über den erstaunlich klaren Colorado-River mit dem Boot an.
Generell wird uns der Colorado River heute noch sehr beeindrucken - nicht nur mit seiner an einen Gebirgsfluss erinnernde Färbung, sondern vor allem damit, was er über Jahrtausende gegraben hat und wir heute als Grand Canyon bezeichnen.
In Kingman entscheiden wir uns für die Fahrt auf einem weiteren Stück der historischen Route 66 anstatt über die neuere, schnellere Interstate 40 zu fahren - nur um im Nachhinein zu lesen, dass die Interstate hier landschaftlich reizvoller sein soll als die alte Route entlang der Bahntrasse. Wir finden aber auch diese Route schön. Und aufgrund des Status als Panoramastrecke gibt es hier besondere Diners anstelle von Fast-Food-Ketten. So zum Beispiel Mike’s Outpost Saloon, der seine Wände und Decken mit Signaturen und Geldscheinen von Gästen aus aller Welt schmückt.
Richtige Geisterstädte sehen wir nicht - dafür erfreut sich die Route bei Touristen dann doch zu großer Beliebtheit. Auch haben sich hier einige indigene Siedlungen entwickelt, da die Route durch das Gebiet der Hualapai Indianer führt. Parallel zur Straße verläuft die Eisenbahn, die damals entscheidend für die Erschließung der gesamten westlichen Gebiete gewesen ist.
Auf eine skurrile Art und Weise sehenswert ist Seligman, ein weiteres Städtchen, dass sehr von seiner Lage an der Route 66 bzw. deren Mythos zerrt (nach eigenen Angaben ist Seligman die “Geburtsstätte der historischen Route 66”).
Hat es dort noch angenehme Temperaturen, so wird es auf der Fahrt zum südlichen Rand des Grand Canyons beim Grand Canyon Village spürbar kühler. Aber es geht auch schließlich von ca. 1600 m auf eine Höhe von über 2000 m. Klingt gar nicht nach so viel - doch die Vegetation ist eine andere. Wir fahren durch den Kaibab National Forest, der sowohl südlich als auch nördlich an den Grand Canyon angrenzt. Wie wir später lernen werden wäre dieser Wald auch eine gute Alternative zum Campen gewesen, wenn wir nicht das Glück gehabt hätten, einen Platz im Grand Canyon Village zu ergattern. National Forests sind hier Public Land und dürfen damit in einem gewissen Rahmen von jedermann genutzt werden; “wildes Campen” ist hier erlaubt, gängig und wird durch sanitäre Anlagen oder “vorgefertigte” Plätze sogar gefördert.
Gegen Abend kommen wir am Mather Campground an, checken ein und fahren direkt weiter durch das Grand Canyon Village zum Rim, dem Rand des Canyons. Das “Dorf” ist im Grunde kein wirkliches Dorf, sondern eher eine Ansammlung von Unterkünften für Touristen mit unterschiedlich dicken Portemonnaies und was damit eben einhergeht. Spannend ist aber, dass man auch mit dem Zug hierherfahren kann. Sicher eine interessante Reise!
Der erste Blick vom Bright Angel Trailhead in den Canyon ist wirklich atemberaubend. Nicht nur, dass es viele hundert Meter hinab geht - der Canyon ist einfach von enormen Ausmaßen: Circa 1,6 km tief (an der tiefsten Stelle sind es sogar 1857 m), im Durchschnitt 16 km (1,5 km bis zu 29 km an der breitesten Stelle) breit und 446 km lang belegt er mit 6,734km2 eine Fläche mehr als 2.5-mal so groß wie das Saarland. Viele Zahlen. Die Worte des National Park Services dazu: “Numbers give grandeur to the canyon; your experiences provide it meaning.”
Und das alles hat der Colorado-River geschaffen, der auch heute noch als gewaltiger Strom am Grunde des Canyons dahinfließt. Wirklich beeindruckend!
Wirklich beeindruckend machen den Canyon aber nicht allein seine Ausmaße, sondern auch, dass es eben nicht einfach nur ein Abgrund ist. Auf vielen verschiedenen Höhen finden sich Plateaus, Buttes und andere faszinierende Felsformationen.
Die Aussichtspunkte am Rim sind sowohl über einen Fußweg als auch über eine Straße miteinander verbunden - diese darf man allerdings nicht selbst befahren, sie ist den kostenlosen Shuttle-Bussen vorbehalten. Mit dem roten Bus fahren wir Richtung Hermits Rest und steigen direkt am Trailview Overlook wieder aus. Nach kurzer “Besichtigung” geht es weiter zum Powell Point. Hier gibt es ein, einem der Pioniere des Colorado-Rivers und damit auch dem Grand-Canyon gewidmetes, Monument, welches entfernt an einen historischen Tempel der Maya erinnert. Außerdem hat man einen tollen Rundumblick, da der Aussichtspunkt in den Canyon hineinragt. Wir laufen die kurze Strecke zum Hopi Point, einem für Sonnenuntergänge beliebten Spot.
Nach einer Nacht nahe am Gefrierpunkt (rückblickend betrachtet vermutlich einer der kühlsten Nächte) fahren wir am Morgen mit der gelben Linie zum Yaki Point, einem weiteren schönen Aussichtspunkt. Von dort aus geht es zurück zum Mather Point, mit vielen weiteren Spaziergängern dem South Rim Trail folgend zum Yavapai Point. Von dort dann mit dem blauen Bus zurück ins Grand Canyon Village - von wir mit dem roten Bus die Spots vom Vorabend nochmal mit Tageslicht angeschaut haben. Diesmal allerdings fahren wir zum Mohave Point und laufen zum Hopi Point - auch ein sehr empfehlenswerter Weg entlang der Kante des Canyons, allerdings mit weniger Touristen. Etwas ungünstig für die Fernsicht ist, und das sieht man auch auf den Bildern, dass die Forstverwaltung zum Brandschutz “verordnete Brände” (tatsächlich ist im Englischen von prescribed burns die Rede) gelegt hat, deren Rauch nun in den Canyon zieht.
Wieder zurück im Village machen wir uns mit dem Auto bereit Abschied vom Grand Canyon zu nehmen. Vorher wollen wir allerdings noch ein paar im Nordosten gelegene Aussichtspunkte abklappern.
Weiter geht es zum Navajo Point, dem am höchsten gelegenen Aussichtspunkt am südlichen Rand des Canyons (wobei uns das nicht aufgefallen wäre). Dieser bietet einen weiteren schönen Blick auf den Canyon, insbesondere auch auf den Colorado-River, den wir bisher in seinem tiefen Bett eher nur schlecht gesehen haben. Außerdem kann man gut den historisch anmutenden Aussichtsturm des Desert View Point sehen.
Letzter Stopp im Nationalpark ist der Desert View Point. Hier gibt es vorrangig den erwähnten Aussichtsturm. Er wurde 1932 erbaut, dient dem Schutz der Besucher und soll das Verständnis für indianische Kultur vertiefen. Dabei handelt es sich bei dem Turm nicht um eine erhaltenes, indianische Baudenkmal und auch um keine Rekonstruktion eines bekannten Gebäudes. Vielmehr greift er verschiedene Bauweisen und künstlerische Einflüsse der südwestlichen Indianerkulturen auf. Dieser letzte Stopp war daher wirklich sehr lohnend.
Wir verlassen den Park und fahren Richtung Osten, dann Richtung Norden mit dem Ziel Page.
Die Route führt uns entlang schöner Felslandschaften und wir sehen die, nun viel enger werdende, Schlucht des Canyons weiterhin, können aber nicht mehr hineinschauen.
Es geht vorbei an vielen, leider recht trostlos wirkenden, indianischen Siedlungen.
Nach allem, was an so liest, haben es die frühen Bewohner dieser Landschaften in ihren heutigen Reservaten nicht besonders leicht: Arbeitslosigkeit und Alkohol.
Besonders gut gefallen hat uns dann noch der Antelope Pass, den wir beim letzten Licht erreichen. Von hier aus ist es dann auch nicht mehr weit bis Page.